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07.03.2008

Prozess gegen rechte Schläger vor Prenzlauer Schöffengericht

Zwei Tatversionen und ein Freispruch

Prenzlau (ipr) Im Prozess gegen zwei Männer aus Prenzlau, die einen Kameruner fremdenfeindlich beleidigt und tätlich angegriffen haben sollen, gab es gestern vor dem Prenzlauer Schöffengericht eine Verfahrenseinstellung und einen Freispruch.

Die beiden Prenzlauer Daniel B. (29) und Alexander P. (24) sollen laut Anklage am 31. März letzten Jahres dem aus dem Kamerun stammenden 22jährigen Flüchtling Duplex N. in der Prenzlauer Friedrichstraße – einer durchaus belebten Einkaufsstraße - von der gegenüberliegenden Straßenseite aus mehrfach als „Neger“ beschimpft haben. Kurze Zeit später sollen die beiden Männer vor dem nahen Plus Markt den Afrikaner erneut mehrfach als „Neger“ beleidigt haben. Als Duplex N. die beiden daraufhin ansprach, soll er von Daniel B. einen Schlag mit der Faust an den Hals und als er das sich nicht gefallen ließ einen Tritt in den Bauch erhalten haben.

Duplex N. sprach vor Gericht von zahlreichen Zuschauern, die den Vorfall beobachtet hätten. Er habe um Hilfe gerufen, aber niemand habe ihn unterstützt. Als er versuchte mit dem Handy die Polizei zu alarmieren, seien die beiden Täter geflüchtet. Er habe Anzeige erstattet.

Knapp zwei Monate später, am 26. Mai 2007, traf seine beiden Peiniger erneut in der Prenzlauer Innenstadt. Er alarmierte die Polizei und verfolgte die Täter, die dann kurze Zeit später festgesetzt werden konnten.

Bei dieser Festnahme trug Alexander P. ein T-Shirt mit der Aufschrift: „Wir sind die Jungs fürs Grobe“. Zusätzlich war auf dem T-Shirt eine weiße rechte Faust abgebildet. Das Zitat entstammt dem Titel eines Landsersongs über Hooligans. Die Band Landser wurde im Dezember 2003 vom zweiten Strafsenat des Berliner Kammergerichts als kriminelle Vereinigung eingestuft. Der Band-Leader Regener wurde zu einer Haftstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Die antisemitischen, rassistischen und nationalistischen Hetztiraden der Band genießen nach Einschätzung des Berliner Antifa-Archivs Apabiz Popstatus. Lieder der Landser wurden in Brandenburg bereits von jugendlichen HipHoppern nachgespielt. Dem Merchandising mit T-Shirts, Basecaps oder Front- und Heckscheibenaufklebern für Autos hat das Verbot der Band nicht geschadet. Die entsprechenden T-Shirts sind in Online-Shops für rechtsextremes Klientel oder Hooligans zu finden.

Daniel B. präsentierte gestern vor Gericht eine ganz andere Version des Vorfalls. Er sei das Opfer gewesen. Er habe vor dem Plus Markt gesessen und sei von Duplex B., der ihn immer so komisch angeschaut und angegrinst habe, als „Nazi“ beschimpft und ins Gesicht getreten worden, was ihn einen Zahn gekostet habe. Er habe nichts gegen Ausländer, habe sogar welche unter seinen Bekannten. Alexander P. stützte diese Version.

Die beiden Männer sind dem Gericht keine Unbekannten. Im letzten Jahr waren sie bereits in zwei Verfahren wegen „gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung“ und „gefährlicher Körperverletzung“ zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Diese Tatsache katapultierte auch Alexander P. vorläufig aus diesem Verfahren. Es wurde nach § 154 StPO eingestellt, weil Alexander P. bereits wegen jener anderen Delikte zu einer höheren Strafe verurteilt worden war, als es bei dieser Straftat zu erwarten gewesen wäre.

Die beiden von der Polizei ermittelten Zeuginnen konnten zur Klärung des Vorfalles lediglich beitragen, das beide Kontrahenten vor Ort gewesen waren. Sie hatten aber nichts aufhellendes zum Tathergang vorzutragen.

Der Staatsanwalt sprach dann auch in seinem Plädoyer, um dem Dilemma Aussage gegen Aussage zu entgehen, von einem Glaubwürdigkeitsvorrang, der bei der Schilderung von Duplex N. liege. Er forderte für die erste Beleidigung mit dem Wort „Neger“ eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu 10 Euro und für die erneute Beleidigung und Körperverletzung vor dem Plus Markt eine Gefängnisstrafe von sieben Monaten ohne Bewährung.

Dem wollten die beiden Schöffen und der Richter nicht folgen und sprachen den Angeklagten frei. In seiner Urteilsbegründung reflektierte Richter Zech über die Möglichkeiten, die einen Menschen dazu bringen, Anzeige zu erstatten. Wenn zwei sich streiten, kann das aus seiner Erfahrung heraus viele Möglichkeiten haben. Was Duplex N.bewegt haben könnte als er knapp zwei Monate nach seiner Anzeige seine Peiniger wiedererkannte, die Polizei zu rufen, hat er in seine Erörterungen allerdings nicht einbezogen. Den letzten Sätzen des Staatsanwaltes vor Gericht war zu entnehmen, dass bei diesem Fall das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Die Nebenklage hat auf alle Fälle Berufung angekündigt.

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