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02.10.2008
NPD-Erfolg im Nordosten der Uckermark
Mecklenburg-Vorpommern lässt Grüßen
Pinnow (ipr) Das amtliche Endergebnis für die Wahlen zum Kreistag des Landkreises Uckermark liegt vor. Die NPD wird mit 6103 abgegebenen Stimmen (4%) zwei Sitze erhalten. Fast 40 Prozent der Stimmen holte die NPD in der Norduckermark im Wahlkreis 2, Stadt Prenzlau, Gemeinde Nordwestuckermark, Gemeinde Uckerland, Amt Brüssow (Uckermark), Amt Gramzow.
Im Amtsbereich Gramzow direkt an der A11 liegt auch der kleine Ort Wollin in dem die NPD mit 37 Prozent bei 60 Stimmen ihren Spitzenwert in der Uckermark – vielleicht sogar in ganz Brandenburg - erreichte. In der gesamten Gemeinde Randowtal, zu er auch Wollin gehört, brachte es die NPD auf 9,9 Prozent.
Wirklich nur ein Schönheitsfehler in Bagemühl?
Folgt man dem kleinen Flüsschen Randow nach Norden erreicht man das einstige Dorf Bagemühl, heute ein Ortsteil der kleinsten Stadt der Uckermark, Brüssow. Hier bekam die NPD bei 36 Stimmen 18 Prozent. Die Reaktion des Ortsteilbürgermeisters Wilfried Kumkar von der SPD war beschwichtigend: „Ich bin entsetzt von diesem hohen Stimmenanteil der NPD. Bin aber der Meinung, dass die Leute aus Bagemühl, die die Rechten gewählt haben, das zur einen Hälfte aus Enttäuschung und als Denkzettel an uns demokratische Parteien getan haben. Die anderen sind überzeugte Anhänger.“
Damit liegt Kumkar ganz auf der Linie des Potsdamer Politologen Bernhard Muszynski, der nach den ersten Wahlergebnissen schon verkündete, dass es keinen «Rechtsruck» in der Bevölkerung gäbe. Vielmehr gehe der wachsende Stimmenanteil von NPD und DVU auf „dumpfes Protestwahlverhalten“ zurück, sagte Muszynski diesen Montag in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
Einem ddp-Reporter verrät Ortsteilbürgermeister Kumkar einem Tag später: „Wir kennen unsere Pappenheimer, die NPD wählen. Das ist eine ganze Clique, die immer zusammenhängt. Junge Männer, die arbeitslos sind, die keine Perspektive haben. Rund vier Prozent habe die NPD schon immer im Ort gehabt, fügt er hinzu. Dass es jetzt so viel mehr geworden sind, sei ein „Schönheitsfehler“. „Die wollten auf sich aufmerksam machen“, glaubt Kumkar. Ansonsten sei Bagemühl ein ruhiger Ort, es gebe keine Hakenkreuzschmierereien, und mit NPD-Stickern laufe auch niemand durch die Gegend. Mit dem Hakenkreuz, das stimmt nicht ganz. Es gibt es schon. Zumindest an der Schranke auf dem Weg in den Wald. Und natürlich laufen Bagemühls Rechtsaußen nicht in Kampfmontur über die Dorfstraße. Sie tragen Marke, „Thor Steinar“ zum Beispiel.
Andere sehen das mit den Nazi-Wählern schon klarer und benennen das Feindbild. Als Jochen Lange von der „Prenzlauer Zeitung“ auf den frustrierten Ein-Euro-Feger Oliver Frank traf , wusste der zwar nichts vom lokalen Wahlerfolg der Rechten, war aber auch nicht verwundert. Franks Meinung nach seien mittlerweile zu viele Polen im Ort, die sich die günstigen Häuser und Grundstücke kauften. Auch sein Nachbar sei aus Polen. Aber kennen tue er ihn nicht. Der würde ja kein Deutsch sprechen. „Zur Linde“, die einzige Gaststätte in Bagemühl, betreibt seit dem Frühjahr ein Pole. Oliver Frank trinkt dort aber nicht sein Bier. „Zu dem bringe ich doch nicht auch noch mein Geld“, erklärte er.
„Seit der Neueröffnung ist die Gaststätte gut besucht und angenommen von den Dorfbewohnern“, berichten Monika Stoldt und Doreen Kopp, Restaurantfachfrau und Köchin in der „Linde“. Auch die jungen Leuten aus dem Ort würden sich regelmäßig auf Cocktail oder Bier an der Theke treffen, weiß Kopp. „Bei der Renovierung haben viele Bagemühler mitgeholfen. Zur Fertigstellung feierten dann alle zusammen ein Grillfest“, fügt Stoldt hinzu. Die beiden können sich das Wahlergebnis der NPD nicht erklären.
Aber nur mit den Bewohnern von Bagemühl oder Brüssow wäre die „Linde“ mit ihren fünf Mitarbeiterinnen nicht zu halten. Der polnische Besitzer, der große Werkskantine und eine Sushi Bar in Stettin betreibt, zielt auf Kunden in Stettin, die seine Gaststätte am Wochenende besuchen sollen und das auch tun. In Grünow, 10 Autominuten von Prenzlau entfernt, hat er in ein weiteres Restaurant investiert.
Im Speckgürtel von Stettin
In Brüssow sind derzeit 50 polnische Bürger gemeldet. Fünf polnische Kinder besuchen Kindergarten oder Kindertagesstätte. Das ist noch kein Vergleich zu den 200, die das 10 Kilometer entfernte Löcknitz in Mecklenburg-Vorpommern bevölkern und deren Kinder Schulklassen füllen. Polnische Investitionen gibt es nur geringfügig. „Polen raus!“ T-Shirts wie in Löcknitz oder eine NPD-Kampagne für eine geschlossene Grenze hat es hier auch noch nicht gegeben. Aber die 7,5 Prozent NPD in Brüssow, die 10,6 Prozent im fünf Kilometer entfernten Carmzow oder die 8,4 Prozent in Kleptow sind nur die Spitze des Eisberges der antipolnischen Ressentiments im Nordosten der Uckermark.
 
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