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news >> 2009 >> 090407_01

07.04.2009

Templiner Mord vor Gericht: Vorlesestunde des Vorsitzenden Richters

Verteidigerstrategie in Sack und Asche gelesen

Neuruppin (ipr) Der gestrige 10. Verhandlungstag im Prozess um die Ermordung des arbeitslosen Meliorationstechnikers Bernd K. im Juli 2008 gestaltete sich als große Vorlesestunde des Vorsitzenden Richters. Auf der einen Seite belegten weitere Auswertungen von DNS-Spuren, das Uwe L., der den Toten entdeckt hatte, nichts mit dessen Ermordung zu tun hat. Auf der anderen Seite verfestigte sich beim Verlesen einiger "Feldpost" der beiden "Kameraden" Angeklagten die Überzeugung, dass die sich im Krieg mit dem System BRD befinden.

Als am 6. Verhandlungstag zwei Briefe des Potzlowtäters Sebastian F. an Sven P. im Gerichtssaal verlesen wurden, bemerkte sein Verteidiger, dass diese Briefe etwas über die Gesinnung von Sebastian F. aber nichts über die Gesinnung seines Mandanten aussagten. Der Vorsitzende Richter bemerkte damals scheinbar nebenbei, man könne natürlich auch die Briefe von Sven P. verlesen. Vier Sitzungstage und zwei Befangenheitsanträge gegen den Vorsitzenden Richter und die gesamte Kammer später macht er seine Ankündigung wahr und verlas einen Teil des Briefwechsels zwischen Sven P. und Christian W.

Am 01. April wurden die Zellen von Sven P. in Neuruppin/Wulkow und Christian W. in Frankfurt/Oder durchsucht. Dabei fand sich bei Sven P. ein Din A4 Blatt, das mit einem Hakenkreuz bemalt war. Aus den in beiden Zellen zahlreich beschlagnahmten Briefen wurden 14 im Gerichtssaal verlesen.

"Sei aufrecht gegrüßt", "Front Heil, mein Kamerad", "Doppelblitz und Hammer", "Bratwurst statt Döner", "Auf das Odin über dich wacht", "Sie können und die Knochen brechen, aber niemals unseren Gauben", "Wir werden von der Antifa verfolgt", "Troie germanische Grüße". Das sind nur ein paar Zitate aus den Briefen, die klar machen, dass die beiden Angeklagten fest zusammen halten und trotz Mordanklage an ihrer rechtsextremistischen Ideologie festhalten. Ansonsten schildern sie ihre Problem mit dem Knastalltag, schimpfen auf die Lügenpresse, ärgern sich über ihre Mittätertrennung, geben wenig vorteilhafte Erklärungen über Nebenkläger und Staatsanwalt ab. Von Schuldbewusstsein oder Bedauern über das Geschehene vernehmen die ZuhörerInnen im Gerichtssaal nichts. Die beiden Männer sehen sich als Opfer des Systems. Sven P. hofft sehnsüchtig auf das Ende des Prozesses, damit er sich endlich seine Haare wieder abscheren lassen kann, die er aus taktischen Gründen sich hat wachsen lassen.

Die Strategie der Verteidigung, die rechtsextremistische Gesinnung der Angeklagten infrage zu stellen, zerplatzte an diesem Tag wie eine Seifenblase. Auch die durch einen Beweisantrag des Verteidigers von Sven P. durchgesetzte Anhörung des Zeugen Andy G., einem Freund dieses Angeklagten, ging aus wie das Hornberger Schießen.

Dramatisch wird es als ein Brief von Stephanie C. verlesen wird. Sie sagt sich in diesem Brief von Christian W. los. "Ich brauche meine Kraft jetzt ganz für das Kind", heißt es da. "Wir ernten in Templin nur Hass", und "Ich werde auf der Straße bedroht."

Im Moment sieht es so aus, dass am 5. Mai die Beweisaufnahme geschlossen und der Prozess mit den Plädoyers fortgesetzt werden kann. Bleibt es bei diesem Fahrplan, wird dann an diesem Tag auch das Urteil gesprochen.



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