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21.07.2009 Auch Chefredakteure können irren: Marcel S. weiter in HaftBerliner Tagesspiegel befreit PotzlowmörderPinnow (ipr) In Berlin-Friedrichshain gab es in der letzten Woche einen Mordversuch durch Brandenburger Nazis. Sie praktizierten den durch den Film "American History X" bekannten Bordsteinkick an ihrem Opfer. Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt kommentiert denn auch auf der Titeleseite konsequent "Wirklich schwer zu ertragen". Leider setzt er dabei auch eine Ente in die Welt und behauptet, dass der Potzlowmörder Marcel S., der sein Opfer 2002 auf diese Art umbrachte, im letzten Sommer vorzeitig aus der Haft entlassen worden sei. Obwohl schon einige Hinweise – auch von offizieller Seite - an den Tagespiegel geflossen sind, dass diese Information nicht stimme, hängt der fehlerhafte Artikel weiter im Netz und wurde zusätzlich sogar noch im Online-Auftritt der Zeit veröffentlicht. Die Kommentierung zu diesem Artikel im Netz zeigen entsetzte LeserInnen, die fleißig Justizschelte üben. Bei der Langlebigkeit von Informationen im Netz und deren unkritischer Kolportierung kann man davon ausgehen, dass diese Ente sehr alt werden wird. Ein Gerichtssprecher am für Marcel S. zuständigen Amtsgericht Bad Freienwalde, bestätigte gestern noch einmal gegenüber gegenrede.info, dass sich Marcel S. weiterhin in Haft befinde. Zur Vorgeschichte Marcel S. war 2003 wegen Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu achteinhalb Jahren Jugendhaft verurteilt worden. Er hatte als Haupttäter mit seinem älteren Bruder Marco und einem weiteren Komplizen, Sebastian F., 2002 den 16-jährigen Schüler Marinus Schöberl in Potzlow gequält und getötet. Danach versenkten die drei Rechtsextremisten die Leiche in einer Jauchegrube. Im April 2008 meldete der Tagesspiegel, dass Marcel S. möglicherweise vorzeitig frei komme. Diese Möglichkeit bestätigte ein Sprecher des Landgerichts Frankfurt (Oder) gegenüber dem Tagesspiegel-Redakteur: "Wenn Marcel S. zwei Drittel seiner Strafe abgesessen hat, wird selbstverständlich geprüft, ob ihm der Rest der Haftzeit erlassen werden kann." Von der Gefängnisleitung in Wriezen hieß es damals, man werde eine vorzeitige Entlassung befürworten. Marcel S. habe erfolgreich an Sozialtherapien teilgenommen, es bestehe die berechtigte Annahme, dass er künftig straffrei bleibe und resozialisiert werden könne. Von Seiten der zuständigen Staatsanwaltschaft in Neuruppin hieß es daraufhin. Am Amtsgericht Bad Freienwalde habe man sich entschlossen, noch ein Prognose- bzw. Gefährlichkeits-Gutachten erstellen zu lassen. Erst wenn dieses neue Gutachten ebenfalls positiv für Marcel S. ausfallen würde, dann hätte die Staatsanwaltschaft einer vorzeitigen Freilassung "nichts mehr entgegenzusetzen". Im März diesen Jahres meldete die Deutsche Presse-Agentur (dpa), Marcel S. komme vorerst nicht früher aus der Haft frei. Der 23-Jährige Marcel S. habe seinen Antrag auf vorzeitige Haftentlassung zurückgenommen. Ob dabei das Prognose- bzw. Gefährlichkeits-Gutachten eine Rolle gespielt hatte, war vom Gericht nicht zu erfahren. In guter Gesellschaft Seit dem 20. Dezember 2008 kann man auf der Website des Spiegels in einem Bericht über Potzlow - "Das Dorf, der Mord und das Schweigen" - folgendes nachlesen: "Sebastian F., der dritte Täter, ist schon lange wieder auf freiem Fuß. Und treibt als stadtbekannter rechter Schläger im nahen Templin sein Unwesen." Allerdings saß Sebastian F. zu diesem Zeitpunkt wegen zweier Gewaltdelikte bereits seit mehr als einem halben Jahr wieder im Knast. Seine Verurteilung Anfang August 2008 war im Sog des Mordes an dem 55-jährigen Bernd K. in Templin ein überregionales Presseereignis gewesen. Die Spiegeljournalisten hätten es durchaus wahrnehmen können. Ihre Meinung |