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news >> 2012 >> 120120_01

20.01.2012

Prozess über die Milmersdorfer Artistenvertreibung

Wahrheit entpuppt sich als Puzzle

Prenzlau (ipr) Gestern fand der erste Prozesstag gegen fünf Milmersdorfer statt, die sich wegen Volksverhetzung, versuchter Nötigung und Sachbeschädigung vor dem Jugendschöffengericht in Prenzlau zu verantworten haben.

Zu klären ist, ob die zwei Frauen und drei Männer zwischen 18 und 31 Jahren an der Vertreibung des Familienzirkus Happy im September 2010 beteiligt waren indem sie Steine auf Zirkuszelt, Zirkuswagen und Tiere geworfen oder mit Sprüchen wie "Zigeunerpack" und "Wir fackeln euch euer Zelt ab" die Situation angeheizt haben.

Wahrheit zeigt sich in diesem Prozess als ein Puzzle aus Un- und Halbwahrheiten, das vom Gericht behutsam zusammengesetzt werden muss. Vier Angeklagte redeten, einer machte von seinem Recht Gebrauch zu schweigen. Drei verneinten die Vorwürfe, einer bestätigte einen Teil: Ja, er habe gerufen, dass er die Hunde der Zirkusleute abstechen werde. Manuel B. (31) will sich dafür beim Bürgermeister entschuldigt haben. Niemand fragte, warum er das denn nicht bei seinen Opfern, den vier Kindern der Zirkusfamilie tat.

Die Angeklagten verneinten, dass sie Steine geworfen haben. Sie erklärten unisono, dass Paul R. die Steine geworfen hätte, und der war damals noch ein strafunmündiges Kind. Paul R. hatte die Würfe auch gegenüber der Polizei bestätigt. Er hatte sich und die beiden Angeklagten Kai M. (18) und Alexander W. (21) als Steinewerfer gegenüber der Polizei angeben. Gestern im Gericht gab er seine Steinwürfe unumwunden zu. Aber er habe nie gesagt, dass die beiden angeklagten Männer Steine geworfen hätten. Bei soviel hin und her bleibt nur die Erkenntnis: Die geworfenen Steine sind keine Erfindung. Aber ob die Würfe je geahndet werden können, bleibt zweifelhaft.

"Zigeunerpack" soll von den beiden Frauen Nicole W. (18) und Friederike P. (26) gekommen sein. Beide bestritten das. Nie hätten sie etwas volksverhetzendes geäußert und auch nichts derartiges gehört. Es gab einen Zeugen, den 14-jährigen Alexander H., der die beiden Frauen gegenüber der Polizei belastet hatte. Gestern entlastete er sie. Er habe 2010 die Unwahrheit gesagt, weil er Stress mit Nicole W. und Friederike P. hatte. Stattdessen sollen die Angeklagten lediglich "Scheiß Pack" gerufen haben.

Was gestern ausführlich von Zeugen und Angeklagten beschrieben wurde, waren der Elektrozaun für die Tiere und dessen Gefährlichkeit für die Kinder des Dorfes, und die Dreistigkeit, dass zwei Zirkushunde es wagten, den Fußballplatz zu betreten. War das doch den örtlichen Hunden per Hinweisschild ausdrücklich untersagt. Die Empörung darüber schwang auch gestern noch mit. Eine Empörung, die man im Zuschauerraum vermisste, wenn von den Angeklagten und einigen Zeugen über Paul B. und dessen Steinwürfe berichtet wurde.

Es gab Ausnahmen. Da war zum Beispiel Jenny B., die im Zeugenstand klar sagte, die Zirkusleute waren Opfer. Sie bestätigte, dass die Nicole W. "Zigeunerpack" gerufen habe. Da war Yvonne M., Schwester des einen und Verlobte des anderen Angeklagten. Sie fand gar nicht gut was die Milmersdorfer mit den Zirkusleuten veranstaltet hatten. Sie sagte auch, ihr Bruder, Kai M., habe Steine geworfen.

Elf Zeugen hatte das Gericht gestern bemüht. Eine Zwölfte fehlte. Deshalb wurde der Prozess auf den 7. Februar vertagt.



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