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news >> 2018 >> 181102_01

02.11.2018

Haft nach Angriff auf Flüchtling

Fremdenhass als Motiv

Prenzlau (ipr) Am Donnerstag sind vor dem Amtsgericht Prenzlau zwei Pasewalker Nazis zu Haftstrafen wegen gemeinsam begangener gefährlicher Körperverletzung und Beihilfe dazu zu Haftstrafen von 15 und zehn Monaten verurteilt worden. Ihr Opfer erhielt 3000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Vor etwa drei Jahren lief im Prenzlauer Kino in der Friedrichstraße die Hitlersatire "Er ist wieder da". Fünf rechte Kameraden aus Pasewalk – Andy B., Fabian F., Sebastian H., Marcel L. und Martin M. - machten sich mit dem Auto auf, um sich den Film anzuschauen. Im Gepäck hatten sie eine Reichskriegsflagge.

Der Farce im Kino ...

Schon im Kino sollen sie die Sau raus gelassen haben. Sie sollen die Reichskriegsflagge geschwenkt und Hitlergrüße gezeigt haben. So berichteten es Kinobesucher damals gegenüber gegenrede.info. Ein Polizist außer Dienst, der ebenfalls im Kinosaal war, will von den Hitlergrüßen nichts mitbekommen haben, aber das Schwenken der Reichskriegsflagge hatte er bemerkt. Er alarmierte zu Filmende seine Kollegen


Die Angeklagten: Andy B. (links) und Martin M. (rechts)foto: ipr

Die fünf Männer marschierten nach dem Film durch die Fußgängerzone "die Fahne hoch, die Reihe fest geschlossen" zu ihrem Auto, das an der alten Post stand. Da bog Solomon Y. auf seinem Fahrrad über einen Kopfhörer Musik hörend in Friedrichstraße ein. "Guck mal ein Neger", soll Sebastian H. gerufen haben. Mindestens eine Bierflasche flog in Richtung des etwa 15 bis 20 Meter entfernten Flüchtlings. Die Flasche traf die Speichen, blockierte das Vorderrad und Solomon Y. stürzte.

… folgt die Gewalt auf der Straße

Sebastian H. und und Andy B. sollen gleich los gerannt sein und sollen den am Boden liegenden Eritreer brutal an Kopf und Körper geschlagen und getreten haben bis Blut floss. Der versuchte seinen Kopf vor den Tritten und Schlägen zu schützen. Er schrie vor Schmerzen. Da soll Andy B. dem Flüchtling den Mund zugehalten haben. Zum Schluss soll das Fahrrad zwei Mal auf Solomon Y. geschmissen worden sein. Der war ohnmächtig geworden.

Marcel L. und Fabian F. bekamen es mit der Angst zu tun. Martin M. schickte die beiden Männer weg. Danach rannt er rüber zu den Schlägern und schaute zu. So berichtete es Marcel L. dem Gericht. Gegenüber der Polizei hatte Marcel L. gesagt, er habe gedacht, die schlagen den tot. So erklärt sich, dass er mit seinem blauen Golf Hals über Kopf mit hoher Geschwindigkeit entgegen der Einbahnstraße zum Parkplatz an der Prenzlauer Stadtmauer raste.

Da kam die Polizei

Zwei Polizisten im Streifenwagen, eigentlich auf dem Weg in die Friedrichstraße wegen der Reichskriegsflagge, sahen das und beschlossen dem Wagen auf den Parkplatz zu folgen, so beide Polizisten vor Gericht. Sie sahen noch, dass drei dunkel gekleidete Männer mit Kapuzen , ihrer Meinung nach auf dem Weg zum Golf, abbogen und laufend in Richtung Stadtpark verschwanden.

Sie nahmen die Personalien der beiden Männer auf, überprüften den Wagen und befragten sie, ob ihnen in der Friedrichstraße etwas besonderes aufgefallen wäre. Das verneinten die beiden. Die Polizisten fuhren weiter in die Friedrichstraße. Dort fanden sie auf dem Rücken am Boden liegen mit blutigen Gesicht den damals 28-jährigen Solomon Y.

Verteidiger fordern Freispruch

Es gab zwei Zeugen, die im Prozess etwas zum Tathergang berichteten. Das war das Opfer, und es war Marcel L., der schon bei der Polizei ausgesagt hatte. Marcel L. und Fabian F. bekamen einen Strafbefehl wegen Strafvereitelung und unterlassener Hilfeleistung.

Der Verfahren gegen Sebastian H. wurde abgetrennt. Es soll demnächst vor dem Jugendschöffengericht in Prenzlau stattfinden.


Keltenkreuz und "Heil Hitler" verdecktfoto: ipr

Andy B. und Martin M. machten von ihrem Recht Gebrauch, vor Gericht zu schweigen. Ihre Verteidiger zogen die Aussagen der beiden Zeugen zum Tathergang als nicht ausreichend in Zweifel und forderten Freispruch für ihre Mandanten.

Das Schöffengericht sah es als erwiesen an, dass Andy B. den am Boden liegenden Flüchtling aus Fremdenhass geprügelt hat und verurteilte ihn zu 15 Monaten Haft. Da Andy B. eine weitere Haftstrafe noch nicht abgesessen hat, wurde daraus eine Gesamtstrafe von 20 Monaten Haft gebildet.

Es war nicht zu belegen, dass Martin M. geschlagen oder getreten hat. Aber er war hingelaufen und hatte zugeschaut. Das Gericht ging davon aus, die Taten waren in seinem Sinne. Deshalb verurteilte ihn das Schöffengericht wegen Beihilfe zu zehn Monaten Haft. Da auch bei ihm noch eine Strafe offen ist, wurde in seinem Fall eine Gesamtstrafe von 17 Monaten Haft gebildet.

Außerdem lehnte das Gericht für beide Männer die Übernahme der Prozesskostenhilfe ab.

Facebook-Profil eines Nazis

Martin M. der bereits wegen Volksverhetzung verurteilt worden ist, weil er auf seinem Facebook-Profil Texte der "Zillertaler Türkenjäger veröffentlicht hat, begeht dort auch heute (02.11.2018) noch Straftaten. Er zeigt dort Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Im Gerichtssaal verdeckte er ein strafbewehrtes Tattoo am Hals – ein Keltenkreuz und als Zugabe die 88 - mit einem Schal.



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