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05.09.2008

Die letzten Tage im August 2008

Nachrichtenüberblick mit einigen Bemerkungen

Pinnow (ipr) Die MacherInnen von „gegenrede.info“ haben Urlaub gemacht und liefern nun ein paar Infos aus den letzten Tagen nach.

Am 21.08.2008 ereichte „gegenrede.info“ die Information, dass der Server des bei uckermärkischen Jungnazis beliebten Forums „kc88“ (http://kammeradenclub.ath.cx/kc/) gehackt und vom Netz genommen worden ist.

Ob hier ein Zusammenhang mit der indymedia-Meldung vom 29.08.2008 besteht, dass sich eine als "internationale datenantifa" titulierende Gruppe Zugang zu umfangreichen Daten des in der Bundesrepublik Deutschland eigentlich verbotenen Blood & Honour-Netzwerkes verschafft hat, konnte bis heute nicht geklärt werden. Die entwendeten Daten stehen unter den genannten Links nicht mehr zur Verfügung.

Am 23.08.2008 fand in Templin nach einigem politischen Gezerre endlich die Benefizveranstaltung für die Opfer rechtsextremer Gewalt unter dem Motto „Gesicht zeigen gegen Gewalt“ statt. Die Ermordung des 55-jährigen Bernd K. am 22. Juli durch zwei Templiner Rechtsextremisten hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Mit einem Konzert für Nazi-Opfer versuchte nun die "Perle der Uckermark" an den braunen Flecken zu schrubben.

Etwa 350 Menschen versammelten sich auf dem Platz zwischen „Pub“ und „Rewe“ Getränkemarkt. Bürgermeister Ulrich Schoeneich, der noch kurz nach Mord ein rechtsextremes Problem für Templin nicht erkennen wollte, bezog an diesem Abend eindeutig Stellung gegen die rechtsextremistische Gewalt in seiner Stadt und skizzierte einen Fahrplan, der über die Kommunalwahlen im September hinausweist und der es ermöglichen soll, dem Problem wieder Herr zu werden. Er wird daran gemessen werden.

Junge Nazis, die sich am Marktplatz sammelten, wurden von der Polizei nach Hause geschickt.

Hannes K., der 16-jährige Hipphopper, dem vom rechtsextremen Gewalttäter Roman A. aus Milmersdorf der Kiefer zertreten worden war (siehe auch), meldete sich bei „gegenrede.info“, um zu erklären, warum er glaubte, dass ein Linker ihn angegriffen hätte. Der seine Aussage aufnehmende Polizist, habe ihm erklärt, so Hannes K. weiter, dass es sich bei dem Täter um einen Linken handle, der sich gern als Rechter verkleide.

Im „Uckermark Kurier“ vom 25.08.2008, dem regionalen Mantel der Lokalzeitung, zweifelte Kommentator Matthias Bruck am „Deutlichen Zeichen“ und senkte erst einmal die Zahlenangaben der Titelseite um 100: „Ein Benefizkonzert mit 250 Besuchern, ein Bürgermeister, der offensichtlich immer noch Schwierigkeiten hat, sich offensiv mit Rechtsextremismus auseinanderzusetzen, und frustrierte Polit-Akteure der linken Szene – das war das „deutliche Zeichen gegen Gewalt“, das die Stadt Templin setzen wollte.“

Interessant wird es zu erfahren sein, wo der bei der Veranstaltung nicht anwesende Kommentator „frustrierte Polit-Akteure der linken Szene“ gesehen haben will, die weder in den zwei Berichten des „Uckermark Kuriers“ an diesem Tag noch in anderen Presseveröffentlichungen erwähnt wurden.

In den frühen Morgenstunden des 26.08.2008 vernichtete ein brennender Carport in Biesenthal den Fuhrpark der Familie Sandow fast vollständig. Zwei PKWs und zwei Fahrräder wurden Opfer der Flammen, zwei Kinderfahrräder erheblich beschädigt, heißt es im „Nationalen Netztagebuch“ der NPD Barnim-Uckermark. Die NPD spricht von Bombenanschlägen, die Polizei geht von Brandstiftung aus und bemerkte in ihrer Pressemitteilung: „Für das angrenzende Wohnhaus und die darin befindlichen Personen bestand keine Gefährdung.“

Die NPD nutzte die Gelegenheit, der nationalen Öffentlichkeit mitzuteilen, dass Mike Sandow nicht mehr Kreisvorsitzender der NPD Barnim-Uckermark ist, als der er noch im Juni 2008 in Joachimsthal zu den TeilnehmerInnen der NPD-Triebtäter- und Kinderschänderdemo gesprochen hatte.

Am Nachmittag des 26.08.2008 kam es in Biesenthal zu einer Solidaritätsdemonstration von 150-200 Anhängern von NPD, DVU und freier Kräfte. Der NPD Bundesvorsitzende Udo Voigt, der NPD-Landesvorsitzende Klaus Beier waren ebenfalls herbeigeeilt. Merh dazu gibt es bei inforiot nachzulesen.

Im Templiner Multikulturellen Centrum fand am 27.08.2008 eine Podiumsdiskussion zum Thema „Gewalt in unserer Gesellschaft“ statt. Als Auftakt und einen Versuch, Antworten zu finden, bewertete der CDU- Bundestagsabgeordnete Jens Koeppen das Podiumsgespräch laut „Templiner Zeitung“. Rund 50 Zuhörer waren seiner Einladung gefolgt, unter ihnen Vertreter sozialer Einrichtungen in der Uckermark, der Feuerwehr und der Polizei.

Horst Skoupy, Lokalredakteur der „Templiner Zeitung“, der die Radikalisierung der rechten Szene in Templin journalistisch verschlafen hatte, nutzte einen Kommentar am 26.08.2008, um der auswärtigen Journallie die Leviten zu lesen: „Die Templiner ihrerseits hätten indes erwarten können, dass die Journalisten all jener großen Blätter und Medienanstalten den Saal im MKC füllen, die in den vergangenen Wochen die Stadt schlagzeilenwirksam ins „rechte“ Licht gesetzt haben. … Dieses Desinteresse nährt die Vermutung, dass zwei verurteilenswürdige Greueltaten in Templin nichts weiter waren als oberflächliche Schlagzeilen im Sommerloch der Medien.“

Unterdessen wurde bekannt, dass sich Christian W., der beschuldigt wird an der Tötung von Bernd K. beteiligt gewesen zu sein, mit seiner Verurteilung zu sieben Monaten Gefängnis wegen Körperverletzung in einem anderen Verfahren nicht abfinden will und dagegen Berufung eingelegt hat (siehe auch).

Der Potzlowtäter Sebastian F., der sich wegen verschiedener Gewaltdelikte ebenfalls vor dem Prenzlauer Amtsgericht zu verantworten hatte, hat das Urteil – eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und 5 Monaten – akzeptiert (siehe auch).

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